Lebensgefühl Rockmusik HH aus EE
Ich bin der RockRentner im Harz
und berichte hier von meinen Wanderungen, Begegnungen und Erlebnissen (nicht nur) im Harz.
John Kirkbride & Andreas Schirneck in Nordhausen 15.03.2025 In den vergangenen zwanzig Jahren traf ich viele Musiker neben und hinter den Bühnen. So entstand manch schöne Bekanntschaft und sogar Freundschaften, die bis heute halten. Zwei von ihnen vereint die Liebe zu ursprünglicher akustischer Folk- & Blues-Musik. Wenn John Kirkbride, der musikalische Weltenbummler, und Andreas Schirneck, der ehemaliger Renft-Weggefährte, gemeinsam musizieren, steht ein sehr besonderes Erlebnis an. Solche seltenen Konstellationen ziehe ich inzwischen eingefahrenen Konzertabläufen vor. Daher fuhr ich über den Harz nach Nordhausen, um beide Musikanten im Museum Tabakspeicher zu treffen, sie live mit „finest acoustic music“ zu erleben. Sehr zeitiges Ankommen schafft die Möglichkeit, noch entspannt miteinander zu plaudern. Das Wiedersehen ist herzlich, das Erinnern lustig und die Atmosphäre entspannt. Diese Momente genieße ich sehr. Eine Stunde später ist der Konzertraum rappelvoll und kein Stuhl mehr leer, als John das kleine Bühnenpodest betritt. Ein freundliches Hallo in die Runde sowie ein Lächeln, dann beginnt der Meister des exzellenten Finger-Picking zu spielen. Diese Spiel-Technik hat der gebürtige Schotte über viele Jahre perfektioniert. Jeder Welthit klingt in seiner Interpretation rau, fast ungeschliffen und sein Gesang kantig, wild, mit rauchiger Whisky-Stimme. All das ist sein Markenzeichen, macht ihn unverwechselbar und dabei geht John sicheren Schritts inzwischen auf die 80 zu. Respekt! Gleich der Einstieg in den Abend mit „City Of New Orleans“, bekannt durch Arlo Guthrie, aber eigentlich von Steve Goodmann, macht den Unterschied. In den Händen von John Kirkbride wird aus der filigranen Ballade ein ruppiger Blues, wie eine spannende Erzählung. Völlig egal, ob er im Laufe dieses Abends „Hey Joe“ von Jimi Hendrix, „What A Wonderful World“ von Louis Armstrong oder „Sunny Afternoon“ von den Kinks spielt, es ist jedes Mal eine neue Überraschung. Eigene Songs, wie jener über einen schwarzen Bluesmann, den er in einer Seitenstraße spielend erlebte („Down Town Street“), reihen sich in diese Aufzählung nahtlos ein. Als er den Welthit „Country Roads“ als fröhlichen Reggae mit einigen textlichen „Anreicherungen“ interpretiert, erntet der Musiker Lachsalven aus dem Saal. Der Typ ist einfach umwerfend locker, sein Vortrag mitreißend frisch und ich fühle mich gerade wie in einem irischen Pub! So muss es dort wohl auch sein, denke ich. Ganz anders Andreas Schirneck. Der repräsentiert mit seiner Vergangenheit als Partner von Klaus Renft und seiner Liebe für die großen Helden wie Neil Young oder Lou Reed, eine gänzlich andere Generation Musiker. So unterschiedlich beide auch sein mögen, veröffentlichten sie dennoch mit „The Gambler“ ein gemeinsames Album. Neben „Harvest Moon“ von Neil Young, „Something In The Air“ von Thunderclap Newman hören wir eben auch mit „Smell The Subway“ einen solchen eigenen Song. Dazwischen erzählt er von den Geschichten hinter den Liedern und plaudert aus der Zeit mit Klaus Renft und dessen Combo. Aus jenen Tagen stammt auch die Geschichte vom „Baggerführer Willi“, deren Entstehen viel Lachen im Raum auslöst. Für Alt-Hippies und Rock-Rentner gestaltet sich das letzte Drittel des Abends zum eigentlichen Höhepunkt. Beide buddeln offenbar ihre Lieblingsmelodien aus, um sie uns gemeinsam zu präsentieren. Da sind dann auch viele meiner Favoriten dabei: „Blowing In The Wind“, „It’s All Over Now, Baby Blue“, „Heart Of Gold“, „Wish You Were Here“, „Walk On The Wild Side“ und eigene Songs, wie der CD-Titelsong „The Gambler“ werden begeistert aufgenommen. Viele im Raum scheinen sich, so wie ich auch, an besondere Erlebnisse und Emotionen zu erinnern, die mit vielen solcher Songs, bei jedem einzelnen im Raum, verbunden sind. Die Stimmung kocht schließlich, als sich beim „Farmer John“ plötzlich ein Einheimischer aus der ersten Reihe mit seiner Mundi ins Spiel einschleicht. Den bitten beide auf die Bühne. Die Situation ist offensichtlich nicht geplant, doch John und Andreas einigen sich schnell auf „Sweet Home Alabama“ und dann brennt die Luft. Steffen, so heißt dieser Typ, nutzt die Chance für ein ausgiebiges Solo und um sein Können an der Mundi zu zeigen. Dabei spielen sich die drei Musikanten regelrecht in einen Rausch und reißen ihr Publikum mit. Was für eine Live-Atmosphäre! Solch spontane Aktionen erlebt man nur noch äußerst selten. Die machen aber den kreativen Reiz, gerade von Blues-Konzerten, aus. Ich bin glücklich, diesen Moment erlebt zu haben. Nach drei Stunden endet der Abend im Tabakspeicher. John Kirkbride greift ein letztes Mal zur Gitarre, um sein „Gypsy Woman“ als Dankeschön zu spielen. Letztlich stehen beide Musiker glücklich, und mit einem Glas Whisky in der Hand, vor der Bühne, nehmen ihren wohlverdienten Beifall entgegen. Das Konzert wollte ich eigentlich nur genießen, mich mit zwei befreundeten Musikern treffen, für eine gemeinsame schöne Zeit. Ein Bericht darüber war nicht geplant. Doch innerlich aufgewühlt, wie ich oft nach solchen Erlebnissen bin, muss ich meine Emotionen loswerden, dem Leser zeigen, wie glücklich und begeistert ich solche Stunden erlebe. Nun habt Ihr den Salat. Gute Musik, herzliche Begegnung und viel Lachen sehr viel mehr braucht es nicht, um mich zu erfreuen. DANKE John und Andreas, Ihr ehrlichen Blues- und Folk-Barden. Schön war’s!